Eine Übersicht relevanter Studienergebnisse zu den Folgen, die die Pandemie bzw. die Pandemiemaßnahmen auf das psychische und psychische Befinden von Kindern und Jugendlichen in Deutschland hatte und noch hat. Zusammenstellung: Reinhard Mann Das Fazit vorab Alle gesundheitsrelevanten Parameter im Kindes- und Jugendalter sind während der Pandemie schlechter geworden. Die Anzahl und die Schwere von Störungen sind zwar nach Ende der Pandemieeinschränkungen zurückgegangen, aber nicht auf ein Niveau von vor der Pandemie. Weitere Daten hierzu sind aber noch nicht veröffentlicht. Dies wird voraussichtlich in Kürze geschehen. Die festgestellten Störungen und Beeinträchtigungen (siehe unten) können zu schwerwiegenden klinischen Krankheiten führen, wie Krankenhausdaten belegen. Therapeutische Einrichtungen (stationär und ambulant) sind über ihre Kapazitäten hinaus belastet. Der Förderbedarf sozioökonomisch benachteiligter Kinder ist gestiegen und steigt weiter. Sowohl in der KiTa als auch in der Grundschule, den weiterführenden Schulen und in der Ausbildung sind spezifische Maßnahmen zur Behebung von Defiziten und zur Gesundheitsförderung vermehrt erforderlich. Im Überblick:
Die gesundheitsbezogene Lebensqualität (HRQoL) nahm bei Jugendlichen in der Pandemiezeit deutlich ab. Entsprechend stieg die Zahl der allgemeinen psychischen Probleme deutlich an (Ravens-Sieberer et al., 2023). Bei Mädchen fanden Witte et al. entsprechend eine Zunahme allgemeiner Stimmungsstörungen von 18 % auf 23 %, Angststörungen von 7 % auf 24 % und Essstörungen von 33 % auf 54 % (Witte et al., 2022). Allerdings fanden Schnetzer und Hurrelmann einen leichten Rückgang auffälliger Beeinträchtigungen im Jahr 2022 (14–29 Jahre) (Schnetzer & Hurrelmann, 2022). Insgesamt finden alle Forscher und Forscherinnen eine deutliche Zunahme während der Pandemie. Inwieweit sich diese Störungen nach Ende der Pandemiemaßnahmen wieder zurückbilden oder gebildet haben, ist noch nicht genau erfasst. Es gibt deutliche Anzeichen, dass die Häufigkeit der Störungen deutlich über dem Vorpandemie-Status verbleibt (Felder-Puig, Teutsch, & Winkler, 2023). Die entsprechenden Ergebnisse der deutschen HBSC-Studie sind deshalb mit Spannung zu erwarten (Vorstellung am 04.03.2024). Auch die Zahl klinisch behandelter emotionaler Störungen (Ängste wie Trennungsangst, soziale Ängstlichkeit oder auch phobische Störungen) nahm während der Corona-Pandemie stark zu: 2021 wurden 42 Prozent mehr 15- bis 17-Jährige klinisch behandelt als 2019 (DAK 2023). Ähnliche Tendenzen gab es auch bei den Schulkindern im Alter zwischen zehn und 14 Jahren. Hier nahmen vor allem stationäre Behandlungen aufgrund von Depressionen (plus 27 Prozent), Angststörungen (plus 25 Prozent) und Essstörungen (plus 21 Prozent) zu (DAK 2023). Quellen: >> Felder-Puig, Rosemarie; Teutsch, Friedrich; Winkler, Roman: Gesundheit und Gesundheitsverhalten von österreichischen Schülerinnen und Schülern. Ergebnisse des WHO-HBSC-Survey 2021/22. Wien: BMSGPK, 2023 >> Ravens-Sieberer, Ulrike et al., Three years into the pandemic: results of the longitudinal German COPSY study on youth mental health and health-related quality of life in frontiers Public Health (06.2023) >> Schnetzer, Simon; Hurrelmann, Klaus, 2022, Jugend in Deutschland – Trendstudie Winter 2022/23, Kempten 20222 >> Witte, Julian et al., Kinder- und Jugendgesundheit in Zeiten der Pandemie, DAK-Gesundheit 2022 >> DAK-KINDER- UND JUGENDREPORT 2023, Gesundheit und Gesundheitsversorgung während und nach der Pandemie, Report-Präsentation 30.10.2023
Die Zahl der Jugendlichen mit Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie ist bundesweit gestiegen – besonders in der Corona-Pandemie. Vor allem bei 12- bis 17-jährigen Mädchen und Frauen gab es einer Studie der Kaufmännische Krankenkasse (KKH) zufolge zwischen 2020 und 2021 einen massiven Anstieg um über 30 Prozent. Witte et al. (DAK 2023) stellen ebenfalls eine Zunahme von Essstörungen bei Mädchen während der Pandemie von 33 % auf 54 % fest. 2021 litten 17,6 von 1.000 Menschen im Alter von 12–17 Jahren an einer Essstörung, ein Jahr zuvor waren es 13,4 und im Vor-Corona-Jahr 2019 noch 12,9 von 1.000 Jugendlichen, wie aus den Daten der KKH in Hannover hervorgeht. Laut Hochrechnung dürften bundesweit etwa 50.000 Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren von einer Essstörung betroffen sein – die meisten davon sind Mädchen (ca. 80 %). Mit Berufung auf die Krankenhausdiagnosestatistik geht auch die Bundesregierung von einer deutlichen Steigerung der diagnostizierten Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen aus (Antwort auf Kleine Anfrage (20/7961). Demnach wurden 2018 insgesamt 4.477 Fälle registriert, 2019 waren es 4.541 Fälle, 2020 insgesamt 4.826 Fälle. 2021 stieg die Zahl der Diagnosen deutlich auf 6.948 Fälle an. Dies entspricht einer Zunahme von 50 %. Am stärksten betroffen waren Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren. Für den ambulanten Bereich zeigt sich den Angaben zufolge im Kinder- und Jugendreport 2022 der DAK-Gesundheit für die Jahre 2018 bis 2021 ein deutlicher Anstieg in der Neuerkrankungsrate von Essstörungen gegenüber dem Vorpandemiezeitraum nur bei Mädchen. Während 2019 drei von 1.000 Mädchen im Alter zwischen 10 und 14 Jahren erstmalig eine ärztlich diagnostizierte und behandelte Essstörung aufwiesen, waren es 2021 vier von 1.000 Mädchen. Besonders ausgeprägt sei auch hier die Zunahme der Neuerkrankungen bei jugendlichen Mädchen. Bei diesen Angaben ist zu berücksichtigen, dass hier nur ärztlich diagnostizierte Fälle berücksichtigt sind. Die Dunkelziffer dürfte noch einmal deutlich höher sein. Quellen: >> DAK-KINDER- UND JUGENDREPORT 2023, Gesundheit und Gesundheitsversorgung während und nach der Pandemie, Report-Präsentation 30.10.2023 >> KKH, Die Macht der Beauty-Filter: Magersucht durch Social Mediea?, Hannover 2023 >> DAK Kinder und Jugendreport 2022: Gesundheit und Gesundheitsversorgung vor und während der Pandemie, DAK-Gesundheit 2022
Lampert, Thiel & Güngör (2021) stellen einen teilweise deutlichen Anstieg der Mediennutzung fest. Die durchschnittliche tägliche Social-Media-Nutzung stieg von 116 Min (2019) auf 193 Min (2020), die Gaming-Zeit von 80 Min (2019) auf 139 Min. Bei bildungsfernen Kindern und Jugendlichen hat die Nutzung noch deutlicher zugenommen als bei bildungsnäheren. Hinzu kommen lange Bildschirmzeiten während des Distanzunterrichts. Die Zahl und das Ausmaß somatischer Beschwerden kann in Zusammenhang mit dem Medienkonsum gesehen werden. Eine Metaanalyse zahlreicher aktueller Studien konnte mittlerweile zudem zeigen, dass eine intensive Nutzung digitaler Medien durch Jugendliche während der Pandemie mit einem geringeren Maß an mentaler Gesundheit einhergeht (Marciano u. a., 2022). Zok & Roick (2022) berichten, dass in ihrer Befragung Mütter den übermäßigen Medienkonsum (74,4 %) als Pandemieauswirkung bemängeln (neben Bewegungsmangel (63,2 %) und Reizbarkeit (42,7 %)). Quellen: >> Lampert, Thiel und Güngör in: DAK-Gesundheit 2020 (2021) zitiert in DJI impulse (2022) >> Lampert, Claudia, Thiel, Kira, Mediennutzung und Schule zur Zeit des ersten Lockdowns während der Covid-19-Pandemie 2020. Ergebnisse einer Online-Befragung von 10- bis 18-Jährigen in Deutschland. Unter Mitarbeit von Begüm Güngör. Hamburg 2021 >> Marciano u. a. (2022), Angaben in: Naab, Thorsten und Langmeyer, Alexandra, in: Medien in Zeiten von Corona: Fluch und Segen, Deutsches Jugendinstitut (2022) >> Zock, Klaus, Roick, Christiane , Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern, in: WIdO Monitor 1/2022
Laut der forsa-Ernährungsumfrage (2022) sind 16 Prozent der Kinder und Jugendlichen dicker geworden, bei Kindern im Alter von 10 bis 12 Jahren sind es sogar 32 %. Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien sind doppelt so häufig von einer ungesunden Gewichtszunahme betroffen wie Kinder und Jugendliche aus einkommensstarken Familien (23 % zu 12 %) (forsa-Umfrage 04/2022). Daten der DAK zeigen einen deutlichen Anstieg der Krankenhausbehandlungen wegen Adipositas bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2020 (DAK Kinder- und Jugendreport (2022)). Ebenso stellt die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) aufgrund ihrer Versichertendaten fest, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit krankhaftem Übergewicht bundesweit seit Jahren deutlich – besonders während der Corona-Pandemie – ansteigt. Zwischen 2011 und 2021 wuchs die Zahl der von Adipositas betroffenen 6- bis 18-Jährigen um 33,5 %. Bei der Teilgruppe der 15- bis 18-Jährigen erhöhte sie sich sogar um 42,5 % und bei Jungen von 15 bis 18 Jahren gar um 54,5 %. Die Lockdown-Phasen in der Pandemie hätten die Lage noch verschärft, warnte die KKH. Nach Angaben von Christine Joisten, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindesalter, gibt es vor allem in sozialen Brennpunkten einen massiven Anstieg. Kinder und Jugendliche haben nach COVID-19 laut einer aktuellen Analyse ein mehr als doppelt so hohes Risiko, an einer Form von Diabetes zu erkranken. (Center for Desease Control and Prevention, 2023) Quellen: >> forsa-Umfrage zum „BMEL-Ernährungsreport 2022, Deutschland, wie es isst“, Veröffentlichung: BMEL 2022 >> DAG, EKFZ & AGA, Folgen der Pandemie: Wie Corona das Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen verändert hat (31.5.2022) >> DAK Kinder- und Jugendreport 2022; >> KKH, Immer mehr Kinder bringen zu viele Kilos auf die Waage. Psychische Gesundheit in den Fokus rücken / Corona wirkt als Treiber Hannover 2022 >> National Health Interview Survey, Center for Desease Control and Prevention (2023) Percentage of Children and Adolescents Aged 5–17 Years Who Had Ever Received a Diagnosis of Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder, by Urbanization Level and Age Group
Eine repräsentative Elternumfrage im Auftrag der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) und des Else-Kröner-Zentrums (EKFZ) (forsa-Umfrage 04/2022) zeigt, dass 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen häufiger zu Süßwaren greifen als vor der Pandemie. Die Befragung zeigt aber auch, dass 34 % der Familien häufiger gemeinsam essen und sich 14 % gesünder als vor der Pandemie ernähren. Die Kinder aßen mehr Gemüse (14 %) und Obst (20 %), aber weniger Fleisch und Wurstwaren (13 %). Gleichzeitig nahm aber auch der Konsum von salzigen Knabbereien (18 %), Süßigkeiten (20 %) und Softdrinks (18 %) zu, vor allem bei über 10-Jährigen und Jungen. (ebenda) Quellen: >> forsa-Umfrage 04/2022 in: DAG-Pressemeldung (31.5.2023); forsa-Umfrage zeigt Folgen der Corona-Krise für Kinder: Gewichtszunahme, weniger Bewegung, mehr Süßwaren – Jedes sechste Kind ist dicker geworden
In der Erhebung von Lambert, Thiel und Güngör (2021) geben die Hälfte der befragten Kinder und Jugendlichen an, an mindestens drei bis vier Tagen in der Woche Sport gemacht zu haben. Weitere 27 Prozent sind ein- bis zweimal pro Woche einer sportlichen Aktivität nachgegangen. Lediglich 19 % haben sich nie oder weniger als einmal pro Woche sportlich betätigt. Dabei scheint die jüngste Altersgruppe im Alltag etwas aktiver zu sein als die beiden älteren Gruppen. Zwischen Mädchen und Jungen zeigen sich dagegen keine nennenswerten Unterschiede. Aber die forsa-Umfrage 2022 (Elterndaten) gibt an, 44 Prozent der Kinder und Jugendlichen bewegen sich weniger als vor der Pandemie, bei Kindern im Alter von 10 bis 12 Jahren sind es sogar 57 %. Bei 33 Prozent der Kinder und Jugendlichen hat sich die körperlich-sportliche Fitness verschlechtert, bei Kindern im Alter von 10 bis 12 Jahren sind es sogar 48 %. (Forsa Umfrage 04/2022) Quellen: >> Lampert, Claudia, Thiel, Kira, & Güngör, Begüm, Mediennutzung und Schule zur Zeit des ersten Lockdowns während der Covid-19-Pandemie 2020, Hamburg 2021 >> forsa-Umfrage 04/2022 in: DAG-Pressemeldung (31.5.2023); forsa-Umfrage zeigt Folgen der Corona-Krise für Kinder: Gewichtszunahme, weniger Bewegung, mehr Süßwaren – Jedes sechste Kind ist dicker geworden
Zu Entwicklungsstörungen und sozialer Störungen liegen bisher keine Studienergebnisse für die postpandemische Zeit vor. Aufgrund der Analyse von Krankenhausdaten (DAK 2022) wurden 2021 36 Prozent mehr Kinder im Alter zwischen fünf und neun Jahren aufgrund von Störungen sozialer Funktionen in Kliniken behandelt. Bei Entwicklungsstörungen war es ein Plus von elf % (bei beidem fast doppelt so viele Jungen wie Mädchen). Offenbar entwickeln Jungen eher dissoziales Verhalten, während sich Mädchen eher in eine Essstörung flüchten. Quellen: >> DAK-Report 2022
Jugendliche gehören zu dem von der Pandemie hinsichtlich des ihnen abverlangten Verzichts auf Bildung und soziales Leben am schwersten betroffenen Teil der Gesellschaft. Hinsichtlich des Vertrauens in Politik und deren Problemlösungsfähigkeiten bei Jugendlichen scheint die Pandemie allerdings nicht folgenlos zu bleiben. Hierauf verweist vor allem auch die von jungen Menschen vielfach vorgetragene Einschätzung, dass sie, die Jugend, in der Pandemie von der Politik vergessen worden sei (Million 2021). Deutlich mehr Misstrauen in die Politik dürfte die unmittelbare Erfahrung von Missständen im Schulsystem geschürt haben (siehe etwa die Befunde der drei JuCo-Studien, zuletzt Andresen u. a. 2022). Der mangelnde Wille oder das mangelnde Vermögen, die sich in der Pandemie krisenhaft zuspitzenden Probleme schnell und effektiv anzugehen, werden seitens der Jugendlichen unmittelbar der Politik zugerechnet. Die Politik muss stärker auf Jugendliche zugehen, ihnen Beteiligungsangebote machen und sie ernst nehmen. Diese Empfehlungen sind viel älter als die Pandemie. Die lebensweltlichen Erfahrungen im Alltag – vor allem im schulischen Alltag – sind das, was für Jugendliche vorrangig zählt. Bildungspolitik ist nicht alles, sie hat für Jugendliche aber erste Priorität, wenn es um ihre Kompetenzzuschreibung an die Politik geht. Quellen: >> Albert, Mathias, Jugend und Politik: ein belastetes Verhältnis, in: DJI Impulse 2/2022, Der lange Weg aus der Pandemie
Andreas Storm, DAK Vorstandsvorsitzender: „Lage hat sich dramatisch verschärft.“ … „Wir dürfen nicht länger zuschauen, sondern müssen dem Thema Kinder- und Jugendgesundheit endlich mehr Gewicht geben und handeln. Die Lage hat sich im vergangenen Jahr dramatisch verschärft, doch noch hat die Politik darauf nicht entsprechend reagiert. Deshalb ist die Einrichtung einer Enquete-Kommission durch den Deutschen Bundestag aus meiner Sicht der richtige Weg, um die Probleme weiter zu analysieren und noch in dieser Legislaturperiode erste Konsequenzen umzusetzen. Es geht um die gesundheitliche Zukunft einer ganzen Generation.“ „Die Corona-Pandemie und ganz besonders die von der Politik verhängten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung haben Kindern in allen Altersstufen erheblichen gesundheitlichen Schaden zugefügt. Neben eher organischen Krankheiten wie Adipositas betreffen die feststellbaren Gesundheitsschäden vorwiegend den psychosozioemotionalen Bereich“, sagt Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. „Kinder und Jugendliche stellen eine ebenso vulnerable Gruppe innerhalb der Bevölkerung dar wie alte beziehungsweise vorerkrankte Bürgerinnen und Bürger während der Corona-Pandemie. Während letzteren natürlich auch zu Recht Aufmerksamkeit und Fürsorge gewidmet wurden, haben die politisch Verantwortlichen über zwei Jahre lang die ebenso existentiell wichtigen Bedürfnisse und Bedarfe der jungen Generation schlichtweg ignoriert. Der dadurch bedingte Schaden ist erheblich, wie der vorliegende DAK-Report zeigt. Wie viele Dauerschäden entstanden sind, ist heute noch schwer zu erfassen. Aus den Fehlern der Pandemiebekämpfung müssen Lehren gezogen werden, insbesondere von Seiten der Politik. Auch Kinder haben die gleichen Rechte wie Erwachsene, und zwar immer. Und diese Rechte gehören in unser Grundgesetz.“ Die Studienlage zeigt, dass Jugendliche im Verlauf der Pandemie insbesondere unter dem Wegfall der nicht-medialen Freizeitbeschäftigungen (Freunde treffen, Sportverein, Jugendtreff, Freizeiteinrichtungen) gelitten haben (Langmeyer u. a. 2020). Vor diesem Hintergrund hätten die Bedürfnisse von Jugendlichen bei Entscheidungen zur Pandemiebekämpfung stärker in den Fokus gerückt werden müssen. (DJI-Impulse 2022, Langmeyer) Alle Jugendlichen sind betroffen, aber alle in unterschiedlicher Weise. Diese Betroffenheit unterscheidet sich beispielsweise stark nach sozialem beziehungsweise ökonomischem Status und der damit verbundenen Wohnsituation oder Erwerbstätigkeit. „Die Krankheitslast ist ungleich verteilt und Corona hat das erheblich verschärft“, ergänzt Prof. Hans Hauner, Direktor des EKFZ für Ernährungsmedizin und DAG-Vorstandsmitglied. „Die Folgen der Pandemie müssen aufgefangen werden, sonst werden die ‚Corona-Kilos‘ zum Bumerang für die Gesundheit einer ganzen Generation. Die Stärkung geeigneter Therapie-Angebote, die alle Gruppen gleichermaßen erreicht, ist nun von enormer Bedeutung“, so Prof. Hauner. Die Finanzierung der Adipositas-Therapie durch die Krankenkassen müsse dafür zur Regel werden. Quellen: >> Andreas Storm in: DAK-Pressemeldung, Hamburg 27.5.2022, Pandemie: Depressionen und Essstörungen bei Jugendlichen steigen weiter an >> Statement von Dr. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ), zum Kinder- und Jugendreport 2022 der DAKGesundheit (Interview Mai 2022) >> Hans Hauner, in: forsa-Umfrage 04/2022 in: DAG-Pressemeldung (31.5.2023); forsa-Umfrage zeigt Folgen der Corona-Krise für Kinder: Gewichtszunahme, weniger Bewegung, mehr Süßwaren – Jedes sechste Kind ist dicker geworden